Die Einlassungen des Schriftfälschers Martin Kotulla

Für Richter und Staatsanwälte sehr interessant sind die Einlassungen des Schriftfälschers Martin Kotulla vom August 2006 zu den als MegaFont XXL verkauften Schriftfälschungen in dem Diskussionsforum von SoftMaker. Für den Fall, daß dieser Diskussionsbeitrag später auf der SoftMaker-Website gelöscht werden sollte, halten wir die Anfrage des Käufers "Ralph" und die Einlassungen von Martin Kotulla hier fest:


1. Die Anfrage des Käufers "Ralph"

Softmaker

Hallo, liebe Weichmacher!

Als langjähriger Nutzer von SoftMaker-Schriftpaketen (meine ersten "TypeMaker FontPacks" sind von Anfang der 90er Jahre...) habe ich heute das Update auf die MegaFont XXL 2.0 bestellt. Beim weiteren Herumsurfen im Netz bin ich dann auf etwas gestoßen, das mir etwas Kopfzerbrechen bereitet:

Wie in http://www.sanskritweb.net/forgers/megafont.pdf auf Seite 1 nachzulesen ist, sollen die in der MegaFont XXL enthaltenen Schriften "gefälscht" worden sein (Zitat: »The fonts of the MegaFont XXL CD were forged by Mr. Martin Kotulla by the "LinoType Method" [...]«).  Und zwar gefälscht in dem Sinne, dass Schriften anderer Hersteller durch Verändern der Copyright- und/oder Trademark-Einträge in den Schriftdateien zu "eigenen" (d. h. SoftMakers) Schriften gemacht wurden.

Im gleichen Dokument ist eine Liste enthalten, die die Originalschriften den MegaFont-Schriften gegenüber stellt. Ich habe mir die Mühe gemacht, bei ein paar Exemplaren etwas Nachforschung zu betreiben und stelle fest, dass es tatsächlich so zu sein scheint! (Z. B. ist die SoftMaker-Schrift "Antigone" ganz offensichtlich ein Plagiat der "Antiqua Olive" von Adobe bzw. Linotype).

Die Firmen Brendel in Köln (in manchen SoftMaker-Fonts zusammen mit SoftMaker als Copyright-Inhaber zu finden) und SoftMaker in Nürnberg scheinen sich besonders großzügig im Nachlass der H. Berthold AG bedient zu haben (nachzulesen in http://www.sanskritweb.net/forgers/berthold.pdf), um die "herrenlos" gewordenen Zeichensätze zusammen mit Produkten anderer Hersteller zu relativen Dumpingpreisen als Sammlung zu vertreiben.

Ich würde zu diesem Thema ganz gerne mal eine Stellungnahme von SoftMaker und vielleicht die Meinung von rechtskundigen Forenteilnehmern lesen. Denn falls es sich herausstellen sollte, dass hier tatsächlich eklatante Verletzungen des Urheberrechts vorliegen, stellt sich natürlich die Frage, ob man sich als Endkunde gleich daran beteiligt...

Ich hoffe mal auf eine plausible Erklärung! Wäre schade, wenn sich mein positives Bild von SoftMaker durch ein "Foul" verändern müsste...

MfG
Ralph


2. Die Einlassungen des Schriftfälschers Martin Kotulla

Softmaker

Ach ja, der gute Herr Stiehl, der Quartalsirre der Branche...

Das ist derselbe Herr Stiehl, der auf http://www.sanskritweb.net/forgers/#FORGERS die Marktführer Linotype und Monotype des Fälschens bezichtigt ("The Linotype Method of Forging", "The Monotype Method of Forging"), weiter unten auf derselben Seite Bitstream as "Fontfälscherfirma" bezeichnet und den Eigentümer der Berthold Types, Harvey Hunt, als "Hochstapler".

Bruno Steinert, der Geschäftsführer der Linotype Library GmbH - immerhin einer angesehenen Firma und des Schriften-Weltmarktführers - wird sogar auf http://www.sanskritweb.net/forgers/forgers.pdf im Stil eines Verbrechers vorgeführt.

Nachdem Herr Stiehl offenbar kein bedeutendes Unternehmen der Schriftenindustrie von seinen "Fälschungs"vorwürfen ausnehmen wollte, mußte halt auch SoftMaker dran glauben.

Ich halte das Gut der Meinungsfreiheit für ein sehr hohes Gut, auch wenn jemand kompletten Unsinn erzählt. Offenbar sehen das meine Kollegen bei Linotype, Monotype, Berthold und Bitstream ähnlich und ignorieren die Geschichten, die Herr Stiehl über sie auftischt...

Fakt ist...

Wir haben alle Schriften, die wir anbieten, legal lizenziert. Wir können für jede einzelne Schrift einen Lizenzvertrag vorweisen, und alle unsere Schriften sind legal. Glauben Sie, unsere wesentlich teureren Konkurrenten hätten uns nicht schon längst vom Markt gefegt, wenn sie einen Hebel dafür gefunden hätten? Speziell infiniType tut unserer Hochpreiskonkurrenz durchaus weh...

Die meisten Schriften, die wir alle heutzutage verwenden, sind zwischen 50 (Helvetica) und 500 Jahre (Garamond) alt. Niemand besitzt ein exklusives Recht auf deren Aussehen. Wenn jemand sich die Mühe macht und die Garamond komplett von Hand digitalisiert, kann er diese gerne als sein eigenes Werk veröffentlichen - er kann nur niemand anderen daran hindern, dasselbe zu tun.

Genau aus diesem Grund hat jeder nennenswerte Schriftenhersteller eine Garamond im Angebot: Adobe, Linotype, Monotype, Bitstream, URW++, Berthold und eben auch SoftMaker.

Ähnlich ist es mit Antigone/Antique Olive. Die Antique Olive stammt aus dem Jahr 1962, und jeglicher Designschutz ist inzwischen abgelaufen. Deshalb können wir diese Schrift als "Antigone" anbieten, Bitstream als "Incised 901", Autologic hatte sie als "Oliva" und Varityper als "Olive".

Schriften neu zu digitalisieren, ist übrigens nichts Ehrenrühriges. Adobe hat mit viel Arbeit die Garamond neu gemacht und als "Adobe Garamond" herausgebracht, und viele andere Häuser machen gerne "Revivals" alter Designs.

Es gibt übrigens ein Analogon in der restlichen Welt: Wenn der Patentschutz für ein Medikament abgelaufen ist, kann jeder Generikahersteller dieses Medikament ebenfalls produzieren. Deshalb gibt es neben Aspirin Dutzende Präparate, in denen genau dieselbe Acetylsalicylsäure enthalten ist.

Zusammenfassend: Keine unserer Schriften verletzt irgendjemands Urheberrecht oder sonstige Schutzrechte. Unsere Schriften sind genauso "sauber" wie die Schriften der großen Schriftenhäuser... sie kosten aber lediglich den Bruchteil von deren Preisen.

Martin Kotulla
SoftMaker Software GmbH


3. Anmerkungen für Richter und Staatsanwälte

Wir beschränken uns hier auf die Einlassung des Schriftfälschers Martin Kotulla zur "Lizenzierung":

"Wir haben alle Schriften, die wir anbieten, legal lizenziert. Wir können für jede einzelne Schrift einen Lizenzvertrag vorweisen"

Die Mitte 2006 erschienene erweiterte Font-CD MegaFont XXL 2.0 enthält jetzt sogar 12222 Fonts und kostet nur 49,95 Euro, d.h. jeder einzelne Font kostet den Font-Käufer nur 0,4 Cent (4995 Cents : 12222 Fonts = 0,4 Cent). In unserer Dokumentation der von Kelly Data früher verhökerten Schriftfälschungen (siehe Kelly.pdf, Seite 8-10) haben wir bereits ausführlich begründet, warum Schriften, die zu einem Preis von 1 Cent pro Font verkauft werden, niemals von den Schriftkünstlern oder deren Rechtsnachfolgern lizenziert sein können.

Nehmen wir zum Beispiel die von dem Font-Käufer "Ralph" erwähnte Schrift "Antigone". Hierbei handelt es sich um eine Schriftfälschung der Schrift "Antique Olive". Zunächst hat der Schriftfälscher Martin Kotulla den Font "Antique Olive" in einen Font-Editor geladen, den Font-Namen "Antique Olive" gelöscht und durch den von ihm zwecks Fälschung erfundenen Namen "Antigone" ersetzt. Danach hat der Schriftfälscher Martin Kotulla den in dem Font enthaltenen Copyright-Vermerk gelöscht und später dann zwecks Fälschung durch den Copyright-Vermerk "Copyright SoftMaker Software GmbH and its licensors" ersetzt. Die auf diese Art und Weise gefälschte Schrift "Antique Olive" verkauft der Schriftfälscher Martin Kotulla nun für 0,4 Cent pro Font.

Die Schrift "Antique Olive" wurde von dem französischen Schriftkünstler Roger Excoffon für die Fonderie Olive in Marseille entworfen. Wenn der Schriftfälscher Martin Kotulla einen Lizenzvertrag mit dem Urheber der Schrift "Antique Olive" hätte abschließen wollen, hätte er dies mit Roger Excoffon bzw. mit dessen Erben tun müssen. In diesem Lizenzvertrag hätten Roger Excoffon bzw. dessen Erben in die Fälschung des Schriftnamens und in die Fälschung des Copyright-Vermerks und überdies in eine lächerliche Lizenzgebühr von rund 10% von 0,4 Cent, also 0,0004 Euro pro verkauften Font, einwilligen müssen (z.B. für 1000 verkaufte Fonts hätten Roger Excoffon bzw. dessen Erben nur 0,40 Euro als Lizenzgebühr erhalten; vgl. Kelly.pdf, Seite 10, Fußnote). Der Schriftfälscher Martin Kotulla wird keinen Richter finden, der dies glaubt. Nur die dummen Schriftkäufer der MegaFont CD, die sich mühelos übertölpeln lassen, glauben ernsthaft, daß der Schriftfälscher Martin Kotulla "alle Schriften" des Schriftkünstlers Roger Excoffon "legal lizenziert" hat und "einen Lizenzvertrag für jede einzelne Schrift" mit dem Schriftkünstler Roger Excoffon bzw. mit dessen Rechtsnachfolgern "vorweisen" kann.

Andere Schriften des Schriftkünstlers Roger Excoffon sind z.B. Roger Excoffon's Schrift "Banco", die der Schriftfälscher Martin Kotulla als Schriftfälschung "Bandit" verhökert, oder z.B. Roger Excoffon's Schrift "Choc", die der Schriftfälscher Martin Kotulla als Schriftfälschung "Chandler" verhökert. Bei Roger Excoffon's Schrift "Mistral" hat der Schriftfälscher Martin Kotulla in seinem Fälschungsdrang sogar gleich zwei Schriftfälschungen hergestellt, die er als "Malaga" und "Zephyr" an die dummen Schriftkäufer der MegaFont CD verhökert.

Interessant für Richter und Staatsanwälte ist noch folgendes: Als Martin Kotulla im Jahre 1994 die CD "TruePack Professional" herausbrachte, enthielt diese CD die Schrift "Antique Olive" noch unter dem richtigen Namen "Antique Olive", und außerdem erklärte sich damals Martin Kotulla noch nicht zum Urheberrechtsinhaber der "Antique Olive", d.h. die Schrift "Antique Olive" enthielt damals noch keinen SoftMaker-Copyright-Vermerk (siehe TruePack.pdf, Seite 5: Copyright: "none"; siehe auch TruePack2.pdf, Seite 4-5). Zumindest in bezug auf die "Antique Olive" war also Martin Kotulla damals noch kein Schriftfälscher.


4. "Public Domain, Shareware, Freeware o.ä."

Freefont

Auf seiner Website http://www.freefont.de bietet der Schriftfälscher Martin Kotulla jeden Monat jeweils eine seiner 12222 Schriftfälschungen von der MegaFont XXL 2.0 CD zum Download an und erklärt dazu:

"Diese Schriften sind nicht Public-Domain, Shareware, Freeware o.ä. Sie dürfen diese Schriften nicht an Dritte weitergeben, weder privat noch zu kommerziellen Zwecken. Explizit ist auch die Verbreitung in Kompilationen, auf CD-ROMs oder ähnlichem untersagt; Sie dürfen diese Schriften auch nicht an anderen Stellen im Internet, in Online-Systemen oder Mailboxen zum Download anbieten."

- Einerseits behauptet also der Schriftfälscher Martin Kotulla, daß seine Tausenden von Schriftfälschungen "nicht Public-Domain, Shareware, Freeware o.ä." seien, und erwartet von den dummen Schriftkäufern, daß sie seine Schriftfälschungen "weder privat noch zu kommerziellen Zwecken an Dritte weitergeben".

- Andererseits hat der Schriftfälscher Martin Kotulla sich Tausende von Schriften ohne Genehmigung der Schriftkünstler (Roger Excoffon, Adrian Frutiger usw.) eigenmächtig als "Public-Domain, Shareware, Freeware o.ä." unter den Nagel gerissen und verhökert sie nun mit gefälschten Copyright-Vermerken als seine "eigenen" Copyright-Werke "zu kommerziellen Zwecken" an dumme Schriftkäufer.

Hinweis: Weitere Einlassungen des Schriftfälschers Martin Kotulla finden sich im Fontblog vom 28.9.2006.


5. Gefälschte Arzneimittel versus gefälschte Druckschriften

Gefälschte Medikamente

In seiner obigen Einlassung vom 24. August 2006 erklärt der Schriftfälscher Martin Kotulla:

"Es gibt übrigens ein Analogon in der restlichen Welt: Wenn der Patentschutz für ein Medikament abgelaufen ist, kann jeder Generikahersteller dieses Medikament ebenfalls produzieren. Deshalb gibt es neben Aspirin Dutzende Präparate, in denen genau dieselbe Acetylsalicylsäure enthalten ist."

Der Vergleich mit pharmazeutischen Generika ist falsch, denn im "Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln" wird in § 8 AMG bestimmt:

"§ 8 Verbote zum Schutz vor Täuschung: (1) Es ist verboten, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die 1. durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind, 1a. hinsichtlich ihrer Identität oder Herkunft falsch gekennzeichnet sind (gefälschte Arzneimittel) oder 2. in anderer Weise mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. ..."

Eine Pharmafirma darf zwar nach Ablauf des Patentschutzes den von einer anderen Firma erfundenen Wirkstoff , z.B. Acetylsalicylsäure, unter einem eigenen Namen verkaufen (z.B. unter dem Namen "ASS" statt unter dem Namen "Aspirin"), aber eine Pharmafirma muß "auf den äußeren Umhüllungen in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise" (§ 10 AMG) den Wirkstoff (§ 4 Nr. 19 AMG) ganz genau angeben. Laienhaft formuliert ist also entscheidend, daß "ganz genau drauf steht, was ganz genau drin ist".

Übertragen auf die gefälschte Druckschrift "Antigone" bedeutet dies, daß der Schriftfälscher Martin Kotulla "auf der äußeren Umhüllung in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise" (also hier konkret auf der CD-Hülle der Megafont XXL) klarstellen müßte, daß die "Antigone" eine Fälschung der Schrift "Antique Olive" von Roger Excoffon ist. Wenn bei jeder Fälschung "ganz genau drauf steht, was ganz genau drin ist", dann gibt es keine Fälschung mehr, weil es dann keine Täuschung mehr gibt.


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